Die Zittauer Schmalspurbahn ist sicherlich jedem Schmalspurfreund auch außerhalb Sachsens ein Begriff. Allerdings weiß kaum jemand, dass es vor 1945 möglich war von Zittau über Reichenau (heute
Bogatynia in Polen) nach Friedland in Böhmen (Frydlant v Cechach) zu fahren. Das Streckenstück vom damals sächsischen Reichenau zum sächsisch-böhmischen Grenzbahnhof Hermsdorf wurde im Jahre 1900
feierlich eröffnet. Im August desselben Jahres erfolgte die Betriebsaufnahme auf böhmischer Seite. Aufgrund des grenzüberschreitenden Verkehrs wies die Strecke einige Besonderheiten auf. So kam
auch auf österreichischem Gebiet die Spurweite von 750 mm zur Anwendung, üblich war die bosnische Spurweite von 760 mm.
Des Weiteren wurden die böhmischen Fahrzeuge in technischer Hinsicht an ihre sächsischen Pendants angeglichen, so kam es z.B. zum Einsatz der Heberleinbremse. Der Verkehr entwickelte sich nach
der Streckeneröffnung sehr gut, sodass die FOD (Friedländer Bezirksbahn) als Betreiber zufrieden sein konnte. Zur Anfangsausstattung gehörten drei Dampfloks der BR U und österreichische Personen-
bzw. Güterwagen. Leider gab es, abgesehen von Sonderzügen, nie durchgehende Züge von Zittau nach Friedland, da stets in Hermsdorf umgestiegen werden musste. So spotteten damals zeitgenössische
Zeitungen, dass durchgehende Züge nur dem lieben Vieh vorbehalten wären.
Nach dem 1. Weltkrieg verschärfte sich auch in der Friedländer Gegend die wirtschaftliche Situation. So stellte der Steinbruch in Hermsdorf, als größter Güterkunde vorübergehend seinen Betrieb
ein. Die mittlerweile verstaatliche FOD bekam, die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise nun voll zu spüren und auch die Beziehungen zu Sachsen verschlechterten sich durch die aggressive
Außenpolitik Hitlers immer mehr. Der grenzüberschreitende Verkehr brach Ende der 30er Jahre fast vollständig zusammen.
Nach dem Einmarsch der Faschisten in die sudetendeutschen Gebiete, wurden vollmundige Versprechungen getätigt. So sollten die neuen VT 137 von Zittau bis Friedland durchgängig verkehren.
Allerdings setzte der Ausbruch des 2. Weltkrieges dem schnell ein Ende. Mittlerweile liefen auch Vertreter der sächsischen IV K und VI K auf der Friedländer Schiene. Nach dem Abbau des zweiten
Gleises auf der Zittauer Schmalspurbahn im Jahre 1944 wurde dieses zur Oberbauerneuerung nach Friedland genutzt, sodass in den letzten Kriegsmonaten auch Loks der Braureihe VII K zum Einsatz
kommen konnten.
Besonders im Februar 1945 wurden große Mengen an Flüchtlingen transportiert. Am 2. Mai 1945 wurde der Zugbetrieb nach einem Bombenangriff der Roten Armee vollständig eingestellt. Im Vorfeld
versuchte die DRB die in Friedland verbliebenen Fahrzeuge auf deutsches Gebiet abzufahren, dabei entgleise allerdings 99 702, sodass sie mit mehreren sächsischen Personen- und Güterwagen auf
tschechischem Gebiet verblieb.
Nach 1945 wurde der Betrieb von der CSD wieder aufgenommen, allerdings im Jahr 1948 trotz Protesten in der Bevölkerung eingestellt. Mittlerweile waren die sudetendeutschen Gebiete vollkommen
entvölkert und die Wirtschaft vollkommen zusammengebrochen. Allerdings betrieb die CSD die Bahn im Auftrag der Nordbömischen Steinindustrie als Anschlussbahn weiter.
Der wiedereröffnete Steinbruch sicherte das Überleben der Schmalspurbahn. Nach dem Bau eines neuen leistungsstarken Brechergebäudes mussten beachtliche Mengen an Blaubasalt abtransportiert
werden. Die neuangesiedelte tschechische Bevölkerung verlangte immer lautstarker nach einer Wiedereröffnung der Bahn für den Personenverkehr, welche schließlich 1957 zustande kam. Die berühmte
nordböhmische Sturheit hatte sich durchgesetzt! ImVorfeld mussten die Gleisanlagen fast zu 75 % erneuert werden. Bis 1958 wurde der Betrieb wie schon 1900 mit den Loks der Baureihe U und den
alten österreichischen Personenwagen bestritten. 1958 erhielt die Schmalspurbahn drei fabrikneue Dieselloks der BR TU 47 von CKD Prag. Diesen folgten im Jahr 1966 neue Personenwagen der Bauart
Balm/u. Allerdings hatte der schleichende Niedergang der Strecke bereits begonnen, seit 1963 gab es keinen Güterverkehr mehr und die Reisezeiten wurden immer länger.
Die Gleisanlagen glichen mehr und mehr einem Biotop. So kam was kommen musste, im Jahr 1976 wurde der Betrieb aufgrund von Oberbaumängel eingestellt. 1984 erfolgte die Stillegung der Strecke und
erst 1996/97 der Abbau der Gleisanlagen.
Glücklicherweise beschäftigt sich seit Ende der 90er Jahre ein kleiner Verein mit dem Erhalt von Zeitzeugnissen der Strecke und unterhält ein kleines Museum im Friedländer Lokschuppen. So
präsentieren sich die Bahnhöfe Detrichov (Dittersbach) und Kunratice (Kunnersdorf) mittlerweile wieder in einem sehr sehenswerten Zustand. Der Verein verfügt unter anderem über eine ehemalige HF
130 C welche an ihre Schwesterlok, welche Anfang der 50er Jahre auf der Friedländer Schmalspurbahn zum Einsatz kam, erinnern soll.